Zwei Kinder und eine Frau im Rollstuhl zusammen in einer Wohnung, ein Kind öffnet die Balkontür, das zweite schiebt den Rollstuhl

Mehr (Barriere-) Freiheit für junge Pflegende & deren Angehörige

Zwei Drittel aller Menschen in Deutschland stoßen in ihrem Alltag auf Barrieren. Das betrifft in erster Linie knapp 13 Millionen Menschen mit expliziten Beeinträchtigungen, aber genauso ältere Menschen und kleine Kinder[1]. Hinzu kommen sprachliche Barrieren, wenn Menschen nicht richtig lesen und schreiben können oder eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen. Dazu zählen aber auch Menschen mit einer Hörbehinderung.   

Kinder und Jugendliche sind von Barrieren zudem besonders betroffen, wenn sie sich in Pflegeverantwortung befinden. Alltägliche Hürden wie die Vereinbarkeit von Schule, Freizeit und Pflege müssen sie dann nicht nur selbst meistern, sondern auch für ihre zu pflegenden Angehörigen. Die Pausentaste möchte daher auf die Betroffenheit von pflegenden Kindern und Jugendlichen durch alltägliche Barrieren aufmerksam machen.

Bei der Untersuchung der alltäglichen Hindernisse, die junge Pflegende oft überwinden müssen, ist es zentral, Barrieren in drei Dimensionen zu denken – als räumliche, kommunikative und soziale Barrieren.

 

Räumliche Barrieren

Räumliche Barrieren sind wie Steine auf dem Weg, die die Navigation durch den Alltag erschweren. Ob es sich nun um das Fehlen von barrierefreien Zugängen zu öffentlichen Gebäuden handelt oder um die Schwierigkeit, geeignete Transportmittel zu finden. Diese physischen Hürden können das Leben junger Pflegender deutlich erschweren und Zeit und Energie in Anspruch nehmen, die sie eigentlich für ihre persönliche Entwicklung, Bildung oder Freizeit benötigen. Man denke nur an gemeinsame Arztbesuche der jungen Pflegenden mit mobilitätseingeschränkten Angehörigen, wenn Busse und Treppenhäuser nicht barrierefrei sind.

 

Kommunikative Barrieren

Kommunikative Barrieren hingegen wirken oft wie unsichtbare Mauern, die den Zugang zu Informationen und Unterstützungsdiensten blockieren. Bei dieser Dimension spielt die Sprache eine entscheidende Rolle, insbesondere für pflegende Kinder und Jugendlichemit Migrations- und Fluchthintergrund. Diese können auf zusätzliche Herausforderungen stoßen, wenn Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Hierbei geht es nicht nur um die tägliche Kommunikation, sondern auch um das Verständnis komplexer medizinscher und pflegerischer Fachterminologie sowie um den Umgang mit bürokratischen Prozessen und nicht-altersgerechte Übersetzungsaufgaben. Dolmetschertätigkeiten, die aufgrund des schnelleren Spracherwerbs meist von Kindern und Jugendlichen übernommen werden, können eine Rollenumkehr verstärken und die jungen Pflegenden mit belastenden familiären Fluchterfahrungen konfrontieren.[2]

 

Soziale Barrieren

Soziale Barrieren schließlich können sich wie unüberwindbare Gräben anfühlen, die die jungen Pflegenden von ihren Altersgenossen trennen. Vorurteile und mangelndes Verständnis für ihre Situation führen mitunter dazu, dass sich junge Pflegende oft isoliert und missverstanden fühlen. Besonders für Jugendliche mit Migrationshintergrund kann diese eine doppelte Herausforderung darstellen, da sie oft sowohl mit Vorurteilen in Bezug auf ihre Pflegeverantwortung als auch mit solchen im Zusammenhang mit ihrem kulturellen Hintergrund konfrontiert sind.

 

Nützliche Links

 


[1]https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/a125-21-teilhabebericht.pdf?__blob=publicationFile&v=7

[2] Vgl. Michael Borg-Laufs: Umgang mit Traumatisierung bei geflüchteten Kindern und Jugendlichen, in: Gunzelin Schmid Noerr / Waltraud Meints-Stender (Hrsg.): Geflüchtete Menschen. Ankommen in der Kommune. Theoretische Beiträge und Berichte aus der Praxis, Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2018, S. 95-102, hier S. 97.