Ein Mann spricht vor einer Gruppe junger Menschen

Ratgeber für Schulen

Pflegende Kinder und Jugendliche aus Familien mit Migrations- oder Fluchthintergrund sind im Allgemeinen mit denselben Herausforderungen und Belastungen konfrontiert wie alle jungen Pflegenden. Die Kinder und Jugendlichen fangen die familiären Aufgaben, Tätigkeiten und Verpflichtungen, die von der kranken Person nicht mehr übernommen werden können, teilweise oder ganz auf. Dabei ist der Umfang der Tätigkeit –und damit verbunden auch der Grad der Belastung für junge Pflegende – maßgeblich abhängig von der Familienkonstellation, dem Krankheitsbild des Familienmitglieds, der Dauer der Krankheit, dem Umgang der Familie mit der Krankheit, der Existenz von Unterstützungsnetzwerken und natürlich den finanziellen Ressourcen in der Familie.[1] All diese Faktoren können sich über die Zeit allerdings verändern. Dementsprechend vielfältig und unterschiedlich können auch die übernommenen Tätigkeiten der jungen Pflegenden ausfallen, die sich von Haushaltsaufgaben, der Geschwisterbetreuung bis hin zur Körper- und Intimpflege erstrecken. [2]

Für junge Pflegende mit Migrations- oder Fluchtbiografie kommen allerdings häufig weitere Belastungsfaktoren hinzu, die sich negativ auf das gesundheitliche Wohlbefinden und die schulischen Leistungen auswirken können. Das schottische Projekt „Shetland Carers“ hat deshalb für Fachkräfte – vor allem an Schulen  – eine englischsprachige Informations- und Ratgebersammlung zusammengestellt, in der auf diese Faktoren explizit hingewiesen wird. Folgende Punkte sollten Fachkräfte demnach für die Bewertung der Lebenssituation von jungen Pflegenden mit Migrations- oder Fluchtbiografie ebenfalls beachten:

  • Rassistische Diskriminierung
  • Identitätsverlust
  • Verlust von Freunden und Familienmitgliedern aus den Herkunftsländern
  • Zukunftsängste, insbesondere die Furcht vor Abschiebung
  • Mangel an Sprachkenntnissen und an generellen Kenntnissen über das Schulsystem
  • Belastungen in der Familie wie Armut oder posttraumatische Störungen
  • Störung des Bildungs- oder Ausbildungsverlaufs aufgrund der Migration

Die Ratgebersammlung macht auch darauf aufmerksam, dass junge Pflegende mit Migrations- oder Fluchtbiografie aufgrund des schnelleren Spracherwerbs häufiger von der Schule fernbleiben, weil sie ihre Familienangehörigen zu Arzt- oder Behördenterminen begleiten müssen. Auch hier sollten Fachkräfte im Umgang mit den jungen Pflegenden darauf achten, dass von Kindern nicht erwartet werden könne, nicht-altersgerechte Informationen zu übersetzen.

Als Hilfe für betroffene Familien und junge Pflegende schlägt der Ratgeber generell die Entwicklung eines spezifischen Krisenplans vor, den Familien, junge Pflegende und Fachkräfte (in Schulen, Kinder- und Jugendhilfe und anderen involvierten Stellen) gemeinsam erarbeiten, falls sich die Situation der jungen Pflegenden verschlechtert oder ein gesundheitlicher Notfall in der Familie eintritt. Aber auch Schulen sollten zur Unterstützung und Identifikation von jungen Pflegenden einen eigenen abgestimmten Organisationsplan entwickeln. Hintergrundinformationen und eine Checkliste in englischer Sprache zum Organisationsplan finden Fachkräfte an Schulen hier.

Die umfangreichen englischsprachigen Materialen des schottischen Projekts „Shetland Carers“ können hier abgerufen werden.

Das Projekt Pausentaste hat gemeinsam mit der Nummer gegen Kummer ebenfalls ein umfassendes Schulpaket entwickelt. Dort finden Lehrkräfte hilfreiche Hinweise, wie sie belastete Schülerinnen und Schüler unterstützen können. Das Lehrerhandbuch finden Sie hier und das gesamte Schulpaket hier.


[1] Vgl. hierzu vor allem Sabine Metzing, Pflegende Kinder und Jugendliche. Ein Überblick, in: ZQP-Report. Junge Pflegende, Berlin 2017, S. 8-13, hier S. 9.

[2] Vgl. ebd., S. 9.